Die Verbindung von LGBTQIA+ und dem männlichen Profifußball – eine Kombination, die immer wieder Aufsehen erregt. Doch der Fortschritt ist nicht zu übersehen: Immer öfter wird das Thema von Spielern*innen und wegweisenden Initiativen aufgegriffen, die sich dafür einsetzen, den Weg für Offenheit, Akzeptanz und Vielfalt im Fußball zu ebnen. 

Viele werden sich bestimmt erinnern: In der Vorrunde der UEFA-Europameisterschaft 2021 der Männer traf die deutsche Fußballnationalmannschaft auf Ungarn. Doch nicht der Sport dominierte die Medienlandschaft dieser Tage. Ein Thema sorgte für Diskussionen vom Esstisch bei Tante und Onkel bis hin zum Redner*innenpult der Spitzenpolitiker*innen beider Länder: sollte die Allianzarena, in der das Spiel ausgetragen werden sollte, am Spieltag in Regenbogenfarben beleuchtet werden? Stimmen aus allen Teilen der Gesellschaft wurden laut und viele stellten sich die Frage: Wie kann man sich darüber eigentlich so aufregen?  

Tage des Diskurses vergingen, doch endeten in Ernüchterung: Der europäische Fußballverband UEFA lehnte den Antrag des Münchner Stadtrats, die Arena am Spieltag in Regenbogenfarben zu beleuchten, ab. Grund dafür war die politische und religiöse Neutralität der UEFA. Und der Deutsche Fußballbund (DFB)? Der hielt sich bedeckt und anstelle eines klaren Bekenntnisses kam lediglich die vage Aussage „Vielleicht muss man die Beleuchtung nicht unbedingt am Spieltag Mittwoch festmachen“ durch ein Interview mit der Bildzeitung an die Öffentlichkeit.  

Auch wenn die Geschichte schon ein paar Jahre zurückliegt, spiegelt sie auch heute noch die politischen Positionierungen und patriarchalen Strömungen in der Welt des männlichen Profifußballs wider. Nicht ohne Grund gibt es bis heute keinen aktiven männlichen Profifußballer in der deutschen Bundesliga, der sich öffentlich zu seiner Queerness bekannt hat. Und das, obwohl es rein statistisch in jeder Mannschaft mindestens einen queeren Spieler geben müsste.  

Fußballer*innen beziehen Stellung  

Doch die Zeiten scheinen sich zu wandeln. Immer mehr Profisportler*innen wagen den Schritt des Coming-outs, und die Resonanz ist überraschend positiv. Das wahrscheinlich bekannteste Beispiel in Deutschland ist der ehemalige Fußballnationalspieler Thomas Hitzlsperger. Nach dem Ende seiner Karriere outete sich der damals 31-Jährige im Jahr 2014 öffentlich als homosexuell und stieß auf viel Unterstützung aus der Bevölkerung. Dadurch habe er festgestellt, dass „all das, was ich vorher geglaubt habe, nämlich dass der Fußball keine schwulen Männer akzeptiert, falsch ist“ betonte er in der Sportschau. Und auch in anderen Sportarten geht es voran. Im Herbst 2022 outete sich der aktive Profihandballer Lucas Krzikalla als schwul und auch seine Erfahrung war durchweg positiv.  

Im Jahr 2021 gründeten die Fußballerinnen Pia Mann und Sofie Goetze die Initiative #kickout, um für mehr Sichtbarkeit queerer Menschen im Fußball zu sorgen. Ihr Ziel: „Ein Fußball, in dem kein Coming-out nötig ist und jede Person frei ,Ich bin‘ sagen oder es auch lassen kann. Einen Fußball, in dem niemand diskriminiert wird.“ Gemeinsam mit über 100 weiteren Personen bekannten sie sich öffentlich zu ihrer Queerness und teilten dies in Medien wie dem Sportmagazin „Kicker“ oder dem eigenen Instagram-Kanal @kickout_now. So sollte queeren Fußballer*innen zum ersten Mal eine Plattform gegeben werden, auf der sie ihre Geschichte selbst erzählen können. 

Was können Vereine tun? 

Diese Vorbilder können vielen queeren Menschen im Sport dabei helfen, ihren Weg des Coming-outs zu gehen. Doch großen Einfluss haben nicht nur die Betroffenen allein. Auch Vereine können eine entscheidende Rolle spielen und ihre Mitglieder aktiv unterstützen. Doch was kann konkret getan werden? Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) listet diesbezüglich folgende Handlungs-Empfehlungen auf seiner eigenen Website auf:  

In Deutschland sind bereits Initiativen wie „Box Queers“ und „Queer Teens“ etabliert, die sich speziell an junge queere Menschen richten. Diese Angebote schaffen sichere Räume für FLINTA* und queere Sportgruppen, in denen gemeinsames Training ermöglicht wird. Zudem gibt es die Gruppe Queer Kids für Kinder im Alter zwischen 7 und 11 Jahren.  

Abseits dieser Initiativen gibt es in Deutschland eine Vielzahl an queeren Sportvereinen, die im Grunde jede Sportart anbieten, die man sich vorstellen kann. Allein der Sportverein „Vorspiel SSL Berlin“ bietet auf seiner Website rund 34 verschiedene Sportarten an. Eine Liste queerer Spotvereine in Deutschland findest du hier

Und auch im Profi- und Amateurfußball der Männer zeigen sich Fortschritte. Der DFB hat im Jahr 2021 zusammen mit dem LSVD die erste Kompetenz- und Anlaufstelle für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Fußball gegründet. Sie trägt den Namen „Team out and proud“ und soll Frauen und queere Menschen auf allen Ebenen des Fußballs beraten und deren Rechte vertreten. Zudem kümmert sich die Initiative um die Sensibilisierung und Aufklärung zu Vielfaltthemen im Fußball, durch beispielsweise Schulungsangebote für Multiplikator*innen wie Trainer*innen, Schiedsrichter*innen, Haupt- und Ehrenamt sowie Spieler*innen und Fans. 

Dein Coming-out im Sport 

Obwohl der Weg lang sein mag, zeichnen sich dennoch Veränderungen in der Sphäre des Profisports sowie bei renommierten Vereinen und Verbänden ab. Doch wie gestaltet sich die Situation auf der anderen Seite? Welche Schritte kannst du unternehmen, um dein Coming-out im Sport erfolgreich umzusetzen? 

Die Entscheidung für dein Coming-out sollte stets aus eigenem Antrieb erfolgen, ohne jeglichen Druck von außen. Dies gilt gleichermaßen für den Sport wie für alle anderen Lebensbereiche. Es mag Situationen geben, in denen es dir leichtfällt, dich zu öffnen, während es in anderen Umgebungen vielleicht schwieriger ist. Diese Vielfalt an Empfindungen ist ganz natürlich und wird vermutlich nie vollständig verschwinden. Wenn du jedoch den Entschluss gefasst hast, dein Coming-out in deinem Sportverein anzugehen, möchten wir dir hier einige Ratschläge an die Hand geben, die du berücksichtigen kannst: